Es gibt Dinge, die man im konventionellen Röntgenbild normalerweise nicht sieht, die aber im CT sofort ins Auge fallen. Dazu gehören sehr kleine Mengen von Luft oder Gas an Stellen, wo sie nicht hingehören.
Eine solchen Fall hatten wir vor einiger Zeit bei einer eigentlich zunächst unspektakulären distalen Radiusfraktur.
Die Fraktur wurde primär durch die Unfallchirurgen reponiert, was wirklich gut gelang, wie man an der Kontrollaufnahme im Gips sieht.
Mit diesem Ergebnis konnte man wirklich sehr zufrieden sein. Ob dann hier weiter nur konservativ vorgegangen werden darf, will ich hier gar nicht diskutieren.
Computertomographie
Es geht um etwas anderes: Bei der klinischen Untersuchung war noch das Scaphoid auffällig gewesen. Soweit man das eben bei einer bestehenden Radiusfraktur differenzieren kann. Aber jedenfalls sollte eine Kahnbeinfraktur noch sekundär mittels CT ausgeschlossen werden. Das haben wir dann gemacht.
Keine Scaphoidfraktur. Aber Luft in der Fraktur? Das Ganze war doch geschlossen. Nicht mal ein echter Kratzer. Wie kommt nun die Luft da rein?
Vakuum-Phänomen?
Es gibt manchmal auch ohne eigentliches Trauma Gas im Gelenkspalt, was als „Vakuum-Phänomen“ bezeichnet wird. Ursächlich wird angenommen, dass bei einer Distraktion des Gelenkraums bei bestimmten Bewegungen der relative Unterdruck dazu führt, dass aus der extrazellulären Flüssigkeit des umgebenden Weichgewebes das hierin gelöste Gas (im Wesentlichen Stickstoff) eben ausperlt und sich dann im Gelenkraum sammelt. Man findet das in der Röntgendiagnostik am ehesten im Sternoklavikular- oder im Schultergelenk.
Oder Gas in kaputten Bandscheiben. Hier hat man festgestellt, dass in Flexion (mehr Druck auf oder in Bandscheibe) weniger Gas nachweisbar ist als in Extension (siehe hier).
Gas nach Fraktur
Wenn Gas in einer frischen Wirbelkörperfraktur auftritt, kann es entweder aus der vorgeschädigten Bandscheibe (siehe oben) in den Frakturspalt übertreten oder es ist Ausdruck einer aseptischen Knochennekrose im Sinne eines Morbus Kümmel-Verneuil oder Morbus Calvé. Oder beides?
Aber in einer frischen Radiusfraktur bei einem vorher gesunden Handgelenk? In diesem Fall ist die Erklärung eine ganz andere. Und wenn man sich die oben beschriebene Geschichte noch mal ansieht, ist es auch eine einfache und plausible, die dem Chirurgen vielleicht schneller einfällt als dem Radiologen:
Wenn eine verschobene Radiusfraktur eingerichtet wird, so erfolgt diese Reposition in aller Regel nicht ohne irgendeine Form der Analgesie. Ich jedenfalls würde mir das für mich wünschen. Und damit haben wir auch den „Übeltäter“: Es war natürlich die Bruchspaltanästhesie! Ein paar kleine Luftbläschen in der Spritze, die dann mit in den Frakturspalt gespritzt wurden. Nicht schlimm und normalerweise im Röntgenbild auch nicht auffällig. Aber wenn dann der Radiologe eine CT macht, kann er schon mal ins Grübeln kommen!
(Es sei denn, er oder sie hat vorher diesen Artikel gelesen! 😉 )